Stellungnahme zur Berichterstattung der NOZ über den Kirchentag in Hannover

Nachricht 08. Mai 2025

Zum Artikel „Viel Gesprächsbedarf zum Glauben“ in der Printausgabe vom 05.05.2025, Titelseite der NOZ, und zum Online-Beitrag „Wokeness oder Wort Gottes: Worüber beim Kirchentag diskutiert wird“ vom 04.05.2025

Als Teilnehmende des Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hannover möchten wir anmerken, dass die Autorin des Artikels einen kleinen Ausschnitt dessen dargestellt hat, was zu den Themen des Kirchentags gehört hat. Laut NOZ findet sich das Wort „queer“ 22-mal im 255 Seiten starken Veranstaltungsprogramm. Im oben genannten Beitrag selbst findet sich das Wort „queer“ 13-mal auf nur einer halben Zeitungsseite.

Wir vermissen im NOZ-Artikel viele weitere Worte. Es fällt kein Wort zu der Washingtoner Bischöfin Mariann Edgar Budde, die in ihrer Predigt am Tag nach der Amtseinführung von Donald Trump den anwesenden US-Präsidenten dazu aufrief, Erbarmen und Mitgefühl mit den Schwächsten zu zeigen, und die auf dem Kirchentag in Hannover dazu aufrief, dass Hoffnungslosigkeit angesichts der Situation in den USA, „einem Land außer Kontrolle“, keine Option sei. Kein Wort davon, dass christlicher Glaube sehr wohl politisch sei, wie es Kirchentagspräsidentin Anja Siegesmund beim Abschlussgottesdienst betonte, und dass man sich einmische, jeden Tag, auf der Grundlage des Evangeliums. Kein Wort von der Kirchentags-Resolution für ein AfD-Verbot und dass es der evangelischen Kirche um Abgrenzung von rechtsextremistischen Positionen geht und nicht um Ausgrenzung von Menschen. Kein Wort dazu, dass bei dem Workshop „Werde mutig und stark“ ein geschützter Raum für Kinder geschaffen wurde, damit sie von ihren eigenen Erfahrungen mit Rassismus berichten und Strategien für den Umgang damit entwickeln konnten. Diese und viele weitere, wichtige Themen wurden während des Kirchentages behandelt.

Natürlich begleitet die evangelische Kirche queere Menschen in ihren individuellen Lebenssituationen und heißt sie in ihren Gemeinden willkommen – so wie alle anderen Menschen auch. Daher meinen wir, dass eine Berichterstattung, die weitgehend auf ein Thema reduziert ist, dem Kirchentag als größtem protestantischen Christentreffen in Deutschland in keiner Weise gerecht wird. Denn bei ihm handelt es sich nicht allein um das größte protestantische Christentreffen in Deutschland, sondern um das in dieser allgemein zugänglichen Öffentlichkeit einzigartige Diskussionsforum für religiöse, gesellschaftliche und politische Themen unserer Zeit.

Vielleicht zeigen das auch diese Zahlen: fünf Tage Programm mit 1.500 Veranstaltungen und 81.000 Besuchende mit Ticket, 150.000 Gäste beim Abend der Begegnung, Abschlussgottesdienst mit etwa 26.000 Teilnehmenden usw.

Für Besucher*innen des Kirchentages aus Osnabrück und Umgebung

Frank Waniek, Joachim Jeska, Maren Bergmann, Mirjam Hune, Brigitte Neuhaus, Friedrich Selter, Martin Steinke, Silke Hämmerling, Helga Kramer, Joachim G. Cierpka, Christina Ackermann-Döpke, Lisa Neumann, Hans-Georg Meyer-ten Thoren, Jörg Christian Lindemann

Dieser Text wurde am 06.05.2025 als Leserbrief an die NOZ geschickt mit der Bitte um Veröffentlichung.

Weitere Unterstützer*innen, die sich nach dem Absenden des Leserbriefs an die NOZ bei uns gemeldet haben:

Eva Güse, Cord-Michael Thamm