Eine Kirchengemeinde entsteht

Die Vorgeschichte

Das Kirchspiel Wallenhorst ist seit frühester Zeit vom Katholismus geprägt. Es umfasste die Bauernschaften Wallenhorst, Hollage, Pye und Lechtingen. Wahrscheinlich ist, dass auch Rulle vor der Errichtung seiner Klosterkirche, zumindest bis etwa zum 12. Jahrhundert, zu Wallenhorst gehörte. Allerdings sei diese Aussage nicht gesichert, sagen bekannte Heimatforscher (Kurt Jünemann, Dr. Bernhard Hardinghaus).

Häufige Erweiterungen der Wallenhorster Pfarrkirche sowie der Bau weiterer christlicher Kultstellen lassen darauf schließen, dass der Glaubenseifer im Kirchspiel seit jeher groß gewesen ist. Vor der Reformation blieb allerdings auch das streng katholische Wallenhorst nicht unberührt. Über einen Zeitraum von etwa 150 Jahren, bis zum Ende des 30jährigen Krieges, war auch dieser Raum von inneren und äußeren Wirren zerrissen.

Meistens waren es die gerade amtierenden Geistlichen, die die Konfession bestimmten. Sie waren meistens geschickt genug, den religiösen Kult nicht zu verändern, so dass die Bauern selbst nicht wussten, ob sie evangelisch oder katholisch waren. In einem Visitationsprotokoll des Generalvikars Albert Licenius vom 10. Dezember 1624, das erhalten geblieben ist, wird berichtet, dass damals in Wallenhorst der verheiratete Pfarrer Friedrich Rutger amtierte, der "seiner Lebensführung nach nicht mehr katholisch" war. Das Bistum Osnabrück gab jedoch seinen Anspruch auf Wallenhorst als katholisches Gebiet niemals auf und im Jahre 1650, nach Beendigung der Wirren des 30jährigen Krieges, wurde dieser Anspruch manifestiert.

Das 20. Jahrhundert bis zum Weltkrieg

Über die Zeiten hinweg blieb die katholische Religion praktisch die einzige Glaubensrichtung im Gemeindegebiet von Wallenhorst. Auch als zu Beginn des 20. Jahrhunderts erste Zuzüge aus dem Umland erfolgten, waren die Neubürger ausschließlich katholisch. Bis zum Ende des zweiten Weltkrieges waren es zu einem großen Teil Menschen aus den katholischen Gebieten des Bersenbrücker Landes und der Kreise Cloppenburg und Vechta, die sich hier wegen der besseren Arbeitsmöglichkeiten im nahe gelegenen Osnabrück niederließen. Die ersten Siedlungen entstanden in der Nähe der Kirche. Eine gewisse Ausnahme bildete lediglich der Ortsteil Lechtingen. Hier hatte die Kohlenzeche Piesberg Arbeitern auch aus Osnabrück die Möglichkeit zur Ansiedlung gegeben. Aus den Aufzeichnungen der Marienkirche zu Osnabrück geht hervor, dass von dort aus 150 evangelische Seelen in Lechtingen betreut wurden.

Nehmen wir das "Hannoversche Pfarrbuch", herausgegeben 1930 im Verlag des Hannoverschen Pfarrvereins, zur Hand, finden wir kurze Beschreibungen der Pfarrstellen der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover. Die Ortschaft Wallenhorst ist hier der Kirchengemeinde Engter zugeordnet. Es fehlt allerdings die in diesem Buch sonst übliche Angabe über die Zahl der Kirchenangehörigen. Daraus ist zu schließen, dass zu dieser Zeit dort keine Angehörigen der evangelisch-lutherischen Glaubensrichtung registriert waren. In dem Buch ist lediglich vermerkt: "Entfernung 5 km. Wege gut, wenn auch teilweise im Winter mühsam. Für Fahrer geeignet". Andererseits berichten übereinstimmend ältere Mitbürger, dass es in Wallenhorst schon damals eine evangelische Familie gegeben habe ...

Die Zeit nach dem zweiten Weltkrieg

Der Anstieg des evangelischen Bevölkerungsanteils setzte zunächst 1945 mit der Ansiedlung von Ostflüchtlingen ein. Aus Statistiken des Jahres 1946 stammen folgende Zahlen: Bis 1960 veränderte sich der Anteil der Protestanten an der Gesamtbevölkerung nicht wesentlich. In einigen Ortsteilen ging er sogar wieder zurück, da Ostflüchtlinge wieder abwanderten. Mit dann jedoch einsetzender reger Bautätigkeit zogen auch viele Protestanten in die vier Gemeinden und vergrößerten ihren Anteil kontinuierlich. Die nachfolgende Statistik nach Zahlen des evangelisch-lutherischen Gesamtverbandes macht diese Entwicklung deutlich: Damit beträgt der Anteil der evangelisch-lutherischen Gemeindebürger von Wallenhorst Ende 1988 rund 25% der Gesamtbevölkerung. Experten schätzen, dass dieser Prozentsatz weiter steigen wird, da unter den Zuzügen in das Gemeindegebiet annähernd 50% Lutheraner registriert werden.

Bei dieser sich früh abzeichnenden Entwicklung regte sich der Wunsch nach einer eigenen Kirchengemeinde schon Ende der 50er Jahre. In Osnabrück-Haste war bereits am 1. April 1954 die Paul-Gerhardt-Gemeinde gegründet worden, der Rulle von Beginn an angehörte. Auch Wallenhorst wurde aus der ev. Kirchengemeinde Engter ausgepfarrt und zusammen mit Lechtingen dieser neuen Gemeinde angeschlossen. Für Rulle und Lechtingen war damit das Problem bereits gelöst. Allein in Wallenhorst und Hollage waren 600 Gemeindeglieder hinzugekommen. Die Gemeindeglieder hatten zunächst Notwohnungen. Die meisten lebten auf engstem Raum zusammengedrängt. Unsere Gottesdienste hielten wir vierzehntägig am Sonntagnachmittag in der katholischen Kirche in Hollage.

Eine Kirchengemeinde entsteht

Es vergingen viele Jahre, bis das Landeskirchenamt Hannover schließlich am 18.8.1971 den Kauf eines 5000 qm großen Grundstücks an der jetzigen Uhlandstraße, oberhalb des Baugebietes, „In den Dillen“, genehmigte.

Es war inzwischen auch klar, dass die neue politische Gemeinde Wallenhorst aus den Ortsteilen Wallenhorst, Hollage, Rulle und Lechtingen bestehen sollte und dass Pye der Stadt Osnabrück zugeschlagen würde. Die Kirchengemeinde St. Michaelis hatte sich inzwischen um die Einrichtung einer 2. Pfarrstelle bemüht, mit dem Ziel, dadurch eine intensive Betreuung der Hollager Lutheraner zu erreichen.

Das Landeskirchenamt genehmigte der St.-Michaelis Gemeinde eine 2. Pfarrstelle und am 1.6.1973 trat Pastor Walter Hüttmann seinen Dienst in Hollage an.

Erkennbar ist dieser Wunsch in Erfüllung gegangen. Ein rühriger Pastor Walter Hüttmann, fleißige Mitarbeiter und viele ehrenamtliche Helfer haben für ein vielschichtiges Gemeindeleben gesorgt. Die ständig wachsende, lebhafte Kirchengemeinde ist geprägt vom gestiegenen Selbstbewusstsein seiner Gemeindeglieder. Die guten Kontakte zur katholischen Kirche, die unter anderem in ökumenischen Gottesdiensten ihren Ausdruck finden, tragen dazu bei, dass die evangelisch-lutherische Kirche ein fester Faktor im öffentlichen Leben geworden ist.

Etwas später übernahm er in Absprache mit Pastor Gerhard Brüning von der Paul-Gerhardt-Gemeinde Osnabrück-Haste auch die Betreuung der Gemeindeglieder aus dem Ortsteil Alt-Wallenhorst. Jetzt flossen auch die Gelder für das Bauvorhaben Gemeindezentrum. Die Umrisse der neuen Kirchengemeinde zeichneten sich ab. Inzwischen wurde in einem angemieteten Haus am Fürstenauer Weg ein provisorisches Gemeindehaus eingerichtet und am 25.3.1973 eingeweiht. Das Haus enthielt im Erdgeschoss ein Pfarrbüro und die übrigen Räume wurden für die sich rasch ausweitende Gemeindearbeit genutzt. Die Gründung der neuen Kirchengemeinde erfolgte formell zum 1. Januar 1975. Ihr gehörten die Ortsteile Hollage und  Alt-Wallenhorst an. Sie wurde benannt nach Andreas, einem der 12 Jünger Jesu. Das schräggestellte Andreaskreuz erkor sich die Gemeinde zu ihrem Zeichen. Nach fast einjähriger Bauzeit konnte dann am 26. Oktober 1975 das neue Gemeindezentrum seiner Bestimmung übergeben werden. Ein langjähriges mühsames Ringen hatte sichtbare Früchte getragen.

Der „Notizzettel“, ein Mitteilungsblatt der evangelischen Andreasgemeinde Wallenhorst, schrieb im Oktober 1975: „Wir können einziehen in ein Haus mit vielen großzügig angelegten Räumen, verwendbar für die verschiedensten Zwecke, in ein schönes Haus. Es ist keine Kirche, aber ein Haus, in dem man sich wohlfühlen kann“.

Bei Drucklegung dieses Aufsatzes hat sich der Gründungspastor der Andreasgemeinde, Walter Hüttmann, nach 16-jähriger Tätigkeit in der Gemeinde verabschiedet, um sich einer anderen Aufgabe zuzuwenden. Das Gemeindezentrum ist inzwischen zu beengt geworden und wird nach bereits vorliegenden Bauplänen um einen Trakt erweitert. Einen Glockenturm, für den die Baupläne inzwischen ebenfalls vorliegen, wird die Gemeinde voraussichtlich im Jahre 1990 erhalten. Der Wandel ist bemerkenswert.

Dieser Artikel wurde von Reinhard Niemann aus Wallenhorst geschrieben, der 2003 verstorben ist, und erschien zuerst im „Osnabrücker Land 1990 Heimat-Jahrbuch“. Auszüge mit freundlicher Genehmigung des Heimatbundes Osnabrücker Land e.V. übernommen.