Warum hat die Kirche in diesem Jahr mit #gottesgeschenk eine Initiative zur Taufe gestartet?
Friedrich Selter: Wegen Corona konnte man ja nicht unbefangen feiern, wir hatten daher viel weniger Taufen als sonst. Mit der Initiative „Gottesgeschenk“ will unsere Kirche einladen, das Fest der Taufe jetzt nachzuholen. Dazu bieten wir besondere Tauffeste an und versuchen, auf die individuellen Wünsche der Familien einzugehen.
Was bedeutet für Sie der Begriff Gottesgeschenk?
F.S.: Für mich geht die Bedeutung in zwei Richtungen. Zunächst einmal sind unsere Kinder Gottesgeschenke für uns als Eltern. So haben meine Frau und ich es damals nach der Geburt unserer Töchter auch erlebt und empfinden es bis heute so. Die Taufe ist aber auch ein Geschenk Gottes an unsere Kinder: Gott sagt „Ja“ zu diesem Kind, so, wie er zu Jesus „Ja“ gesagt hat: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ Und das ist auch eine Entlastung für uns als Eltern. Wir wissen unsere Kinder bei Gott geborgen, egal was passiert.
Welche Ideen gibt es im Sprengel, das Taufjahr mit Leben zu füllen?
F.S.: In allen Kirchenkreisen gibt es neben den „normalen“ Tauffeiern in der Kirche auch besondere Aktionen. Schon Tradition hat das Tauffest an der Hache im Kirchenkreis Syke-Hoya. Am 10. Juli laden die Osnabrücker Stadtgemeinden zu einem großen Tauffest am Attersee ein. Getauft wird direkt am Seeufer. Taufen an besonderen Orten gibt es in allen Kirchenkreisen.
Durch die Taufe werden Menschen Mitglied der Kirche. Was bedeutet Ihnen diese Mitgliedschaft und was halten Sie von „neuen Formen der Mitgliedschaft“, die seit der EKD-Synode 2017 im Gespräch sind?
F.S.: Glaube braucht Gemeinschaft, um lebendig zu bleiben. Er braucht die Anregung, manchmal auch das Korrektiv und oft auch die Ermutigung durch andere. Darum ist die Taufe zugleich Aufnahme in die Gemeinde. Wer dann aus der Kirche austritt, bleibt aber getauft. Gott, der einmal „Ja“ gesagt hat, bleibt bei dieser Zusage. Darum sind grundsätzlich auch andere Zugehörigkeitsformen denkbar. Wichtiger als irgendwelche formalen Dinge ist mir, dass wir für Menschen einladend sind und Raum eröffnen, eine eigene Spiritualität zu entwickeln. In den ostdeutschen Bundesländern hören wir davon, dass Menschen, die nie einer Kirche angehört haben, sich plötzlich für den Erhalt ihrer Dorfkirche engagieren. Darin drückt sich ja mehr aus, als nur die Pflege alter Mauern. Aber eine verbindliche Mitgliedschaft halte ich nach wie vor für konsequenter.
Was bedeutet Ihnen Ihr Taufspruch?
F.S.: Mein Taufspruch ist: „Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.“ (Johannes 15, 8) Puh, da steckt ein großer Anspruch hinter, dem ich sicherlich nicht gerecht werde. Ich verstehe ihn aber auch als entlastenden Zuspruch: Auch, wenn ich oft das Gefühl von Vergeblichkeit habe, kann Gott aus dem, was ich tue, Gutes entstehen lassen.